Tiny Schmauch
Schmauchspuren
Fluxx Records 291.293
 
Schmauchspuren, die sich auf der Oberfläche eines abgeschossenen Projektils ablagern, sind je nach Art und Färbung des beschossenen Objektes für das menschliche Auge nicht sichtbar. Natürlich war für den Sänger und Musiker (Kontrabass, Posaune) Martin "Tiny" Schmauch ein derartiges Wortspiel erste Wahl, auch wenn der jüngere Bruder seines Vaters, Jahrgang 1924 und im ostpreußischen
Marienburg aufgewachsen, mit einem Konvolut "Gedichte und Gedünne" wesentlich Nachhaltigeres hinterließ. Die Texte sind von einer wunderschönen, ausdrucksstarken Sprache, und es muss für Tiny Schmauch nicht leicht gewesen sein, für diese atmosphärisch dichten Bilder eine kongeniale Musik zu finden. Jochen Schmauch war ein"Wortliebender, manchmal bis zur Verspieltheit", bestätigt seine Frau. Sein Neffe ist ein "Musikliebender", und so kommt zusammen, was zusammen so klingt, als sei es zusammen entstanden: Kunstlieder mit einem Jazzrhythmus, sich wechselseitig befördernde Miniaturen, die beim ersten Hören nicht mehr und nicht weniger als eine ganz besondere Atmosphäre vermitteln und erst beim mehrmaligen Hören immer neue Räume für Entdeckungen eröffnen.
"Getast der Ferne, Fremde. Aber blind.
 
Wo triffst du auf, wo wird das Glück sich zeigen?
Was dir entgegenkommt, ist nur der Wind.
Was dir verbleibt, ist Angst.
Der Rest ist Schweigen." Einen Song hat Tiny Schmauch selbst geschrieben, einen anderen sein
Vater. Schmauchspuren?
Weit mehr als das.
 
Rainer Bratfisch